Dr. med. Antonia Stahl & Kollegen

Praxen für Ernährungsmedizin und hausärztliche Versorgung

Nahrungsmittelunverträglichkeiten 


Allgemein

Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden in Nahrungsmittelallergien (NMA) und Nahrungsmittelintoleranzen (NMI) unterschieden, wobei sie häufig ähnliche Symptome verursachen. Im Unterschied zur NMI, reagiert bei der NMA fälschlicherweise immer das Immunsystem auf eine bestimmte Substanz. Je stärker das Immunsystem dabei aktiviert wird, desto schwerwiegender fällt die allergische Reaktion aus, sodass es im schlimmsten Fall sogar zu einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock kommen kann.   

  • Auslöser für NMA sind in der Regel: Kuhmilch, Soja, Ei, Erdnüsse, Fisch und Meeresfrüchte 
  • Auslöser NMI sind: Laktose, Fructose, Histamin und Weizen, sowie künstliche Aromen und Konservierungsstoffe


Hintergrund der Allergie

Um den Entstehungsmechanismus einer Allergie verstehen zu können, müssen wir uns kurz einige wichtige Begriffe verdeutlichen. 

  • Weiße Blutkörperchen (auch Leukozyten): Sie bilden den größten Teil unseres Immunsystems und patrouillieren sowohl durch die Blutbahn, als auch durch die verschiedenen Gewebe auf der Suche nach potentiellen Krankheitserregern. Dabei gibt es sehr sehr viele unterschiedliche Sorten von weißen Blutzellen, die teilweise für spezielle Aufgabenbereiche verantwortlich sind (z.B. Fresszellen, T-Helfer-Zellen, B-Zellen).    
  • Allergene: Sind eigentlich für den Körper harmlose Substanzen (z.B. Erdnüsse, Pollen etc.), die allerdings vom Immunsystem fälschlicherweise als gefährlich eingestuft werden und somit eine Immunreaktion hervorrufen. 
  • Antigene: Jede Zelle, jedes Bakterium und jedes Eiweißmolekül besitzt auf seiner Außenfläche bestimmte Signalmoleküle (= Antigen). Durch diese Signalmoleküle können unsere weißen Blutzellen zwischen körpereigenen/harmlosen und körperfremden/schädigenden Zellen bzw. Substanzen unterscheiden. Antigene kann man sich also gut als mikrobiologisches Pendant zum Fingerabdruck vorstellen.       
  • Antikörper (auch Immunglobuline): Sind kleine Eiweißmoleküle, die von unserem Immunsystem hergestellt werden, um Krankheitserreger zu bekämpfen. 


Von der Erdnuss zur Allergie (Mechanismus der Typ-1 Allergie)

Wenn wir Nahrung (z.B. Erdnüsse) zu uns nehmen, wird diese erst im Magen in ihre einzelnen Bestandteile (Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße) zerkleinert und dann über die Darmzellen aufgenommen. Die Darmzellen geben anschließend diese Bestandteile ans Blut ab, worüber die Nährstoffe dann zu ihren Zielzellen, z.B. zum kleinen Zeh, transportiert werden. Man kann die Blutbahn also gut mit der Autobahn vergleichen. Da das Blut mit 1 m/s in den großen Arterien zirkuliert, gelangen die Substanzen sehr schnell von A nach B. So verwundert es nicht, dass die Blutbahn und die Darmschleimhaut (sie ist schließlich der Eingang zum Blutsystem) strengstens auf potentielle Krankheitserreger überwacht werden, damit diese so gut wie keine Chance haben, sich im ganzen Körper auszubreiten. Diese “polizeiliche” Überwachung übernehmen die weißen Blutkörperchen, wobei sie in der Lage sind, zwischen Fremdantigenen und Eigenantigenen zu unterscheiden. Einige Leukozyten (z.B. B-Zellen) besitzen spezielle Rezeptoren auf ihrer Außenseite, mit denen sie buchstäblich die Eiweißmoleküle des Blutes abtasten. Wurden die B-Zellen in ihrem Reifungsprozess richtig ausgebildet, passen auf diese Rezeptoren keine körpereigenen Antigene; sprich das Immunsystem lässt unsere Zellen in Ruhe. Falls die weißen Blutkörperchen doch Eigenantigene oder andere harmlose Moleküle (z.B. Reste von den Erdnüssen) binden, spricht man von Autoimmunerkrankungen bzw. Allergien. Hierbei bindet nun ein Erdnussrest an den B-Zell-Rezeptor, woraufhin die B-Zelle den Erdnussrest in sich aufnimmt und in noch kleine Bestandteile zerkleinert. Nun präsentiert die B-Zelle den T-Helfer-Zellen diese Bruchstücke über einen weiteren Rezeptor an ihrer Außenseite. Auch die T-Helfer-Zellen besitzen sogenannte T-Zellen-Rezeptoren, mit denen sie normalerweise Eigenantigene von Fremdantigenen unterscheiden können. Im Falle einer Allergie, unterlaufen dem Immunsystem jedoch bei der Ausbildung seiner Zellen einige Fehler. Nun findet sich eine T-Helfer-Zelle mit dem passenden Rezeptor zu der Allergen präsentierenden B-Zelle. Durch diese Bindung wird letztendlich die B-Zelle aktiviert, welche nun anfängt Antikörper zu produzieren. Die Antikörper werden ins Blut abgegeben und binden daraufhin an so genannte Mastzellen. Mastzellen gehören ebenfalls zu den weißen Blutkörperchen und speichern u.a. den Signalstoff Histamin. Diesen ganzen Vorgang, also vom ersten Kontakt der Erdnuss mit der B-Zelle bis zum Binden der Antikörper an die Mastzelle, nennt man Sensibilisierung. Isst man nun erneut Erdnüsse, gelangen auch hier wieder die Bruchstücke ins Blut. Nun warten aber im Blut schon die Mastzellen mit den passenden Antikörpern für die Erdnussstückchen. Bindet jetzt so ein Erdnussstückchen an die Mastzelle, schüttet diese daraufhin ihr Histamin aus. Histamin ist ein Signalstoff, der letztendlich für die allergischen Symptome wie Juckreiz, Hautrötungen, Ödeme, Blutdruckabfall und oder Atemschwierigkeiten verantwortlich ist.      



Nahrungsmittelintoleranz

NMI basieren häufig auf einem Enzymmangel und werden niemals durch eine fehlerhafte Reaktion des Immunsystem verursacht. Eine der häufigsten NMI ist die Laktoseintoleranz: hierbei steht dem Darm zu wenig Laktase zu Verfügung, welches den 2-fach Zucker Lactose in seine Grundbausteine Galactose und Glucose spaltet. Unser Darm kann aber nur die Zuckergrundbausteine resorbieren, sodass sich bei einem Laktasemangel Lactose im Darm anstaut. Zwar bleibt unserem Körper die Energie dieses Zuckers verwehrt, nicht aber unseren kleinen bakteriellen Mitbewohnern des Darms (Mikrobiom). Diese stürzen sich auf die übrig gebliebene Lactose und fermentieren sie, wobei u.a. Gase entstehen, die zu den bekannten Magen-Darmbeschwerden führen. Ähnlich verhält es sich bei der Frucotsemalabsorption, wo die  Darmzellen über nicht genügend Fructosetransporter verfügen und der Zucker ebenfalls den Bakterien zum Opfer fällt. Auch bei der Histaminintoleranz liegt ein Enzymmangel (Diaminooxydase) vor. Somit kann Histamin nicht adäquat abgebaut werden und reichert sich im Körper an. Da Histamin ein wichtiger Signalstoff (siehe Typ-1 Allergie) ist, kann das Missverhältnis von Histaminaufnahme und -abbau zu einer Pseudoallergie mit allergischen Symptomen führen. Der genauer Mechanismus der Histaminintoleranz ist zur Zeit noch Gegenstand aktueller Forschung. 


Für eine fachspezifische Beratung vereinbaren Sie bitte einen Termin bei Dr. Antonia Stahl.